Donnerstag, 6. November 2008

im flieger

Klatschen bei der Landung

"Da klatschen sie wieder, diese Charterflugidioten" - Oder: Die Arbeit des Piloten bejubeln


+++Pro
Von Tanja Paar

Immer dieses nervige Schleifendrehen! Doch dann geht alles ganz schnell: Schon nähern sich die Lichter der Landebahn, noch zwei Atemzüge und die Maschine setzt mit einem sanften Ruckeln auf. Nur ganz leicht drückt es den Passagier in die Rückenlehne, wenn der Pilot den Flieger gekonnt zum Stehen bringt. "Da klatschen sie wieder, diese Charterflugidioten", denkt sich der Vielflieger genervt. Ihn, der das alles schon tausendmal erlebt hat, langweilt diese fast kindliche Freude über die Landung. Zu Unrecht!

Glücklich preisen können sich in Wahrheit diejenigen, die das Abenteuer einer Flugreise noch so richtig zu schätzen wissen. Sie zollen der Leistung, dieses hochkomplexe Gebilde wieder in einem Stück auf den Boden der Realität zu bringen, ihre spontanen Beifallskundgebungen. Vielleicht müssen erst die Kerosinpreise steigen, die Billigfluglinien Geschichte sein und die Businessflieger reumütig in der Holzklasse Platz nehmen, damit eine neue Demut einkehrt - und die Piloten endlich wieder die Helden werden, die sie sind.

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Contra---
Von Peter Illetschko

Kaum landet das Charterflugzeug, klatschen seine Passagiere. Das kommt beinahe so sicher wie Weihnachten und Neujahr. Warum sie das machen, weiß niemand so recht. Waren da Turbulenzen, die man verschlafen hat? Eine mit Bravour ausgeführte Notlandung auf einer einsamen Insel, die den Beifall verdienen würde? Nichts von alledem. Da die meisten auch über hinreichend Bildung verfügen, um einen Flug von einer Theateraufführung zu unterscheiden, kann es nur zwei Gründe für diese absonderliche Art geben, die Arbeit des Piloten zu bejubeln: Man hat es ihm nicht wirklich zugetraut und ist aufgrund der geglückten Landung erleichtert. Oder man hält ihn für einen Superhelden, der jedes Knöpfchen im Cockpit kennt wie seine Jackentasche und die Maschine genauso smart bei Wind und Wetter lenkt, wie George Clooney Kaffee trinkt. In beiden Fällen vergessen die Fluggäste die Technik. Macht schon viel, ganz allein nur auf Knopfdruck, und ist schon sehr viel weiter als um 1900, als man zu fliegen begann. Man sollte es nicht glauben.

(Der Standard/rondo/07/11/2008)

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